Die Geschichte einer 1400 Jahre alten Münze: Geld, Inflation und Vertrauen

In diesem Artikel begeben wir uns auf eine spannende Reise in die Vergangenheit, um das faszinierende Geheimnis einer über 1400 Jahre alten Münze zu ergründen. Diese Münze hat erstaunlicherweise mehr als ein Jahrtausend ohne nennenswerte Inflation überstanden und weist erstaunliche Parallelen zu unserem modernen Geldsystem auf. Gleichzeitig werden wir das Rätsel lüften, warum die Mitarbeiter unserer Bundeswehr heute ihren Namen dieser historischen Münze verdanken. Tauchen wir ein in eine faszinierende Geschichte, die die Grundlagen unseres heutigen Geldsystems aufdeckt.

 

1. Der Wert des Goldes in der Geschichte des Geldes

Der ehemalige Chef der amerikanischen Notenbank FED, Alan Greenspan, sagte einst:

„Wer Gold hat, hat immer Geld.“

Doch was meinte er damit? Schauen wir uns unser heutiges Geld genauer an. Wir kennen es als Papiergeld, sei es der Euro oder der US-Dollar. Dieses Papiergeld wird auch als Kreditgeld bezeichnet, da es auf Vertrauen basiert. Doch es gab eine Zeit, in der Warengeld, wie Muscheln, Pelze und vor allem Gold und Silber, die vorherrschenden Zahlungsmittel waren.

Das Warengeld muss im Grunde drei Kriterien erfüllen, um als gutes Geld akzeptiert zu werden:

  1. Es muss wertvoll sein, um Vermögen auf kleinem Raum zu speichern.
  2. Es muss allgemein begehrt sein, da es als Tauschmittel dienen muss.
  3. Und das Wichtigste: Es muss begrenzt verfügbar sein, um seinen Wert zu erhalten.

 

2. Die Herausforderung unseres Geldes

Die unbegrenzte Verfügbarkeit ist das größte Problem unseres heutigen Geldes.
Werfen wir einen Blick zurück ins alte Rom, im Jahr 227 v. Chr. Die Römer hatten den Aureus als Währung, eine Münze aus 8,2 Gramm Gold. Doch wie heute die Regierungen, kämpfte auch Kaiser Augustus mit Geldknappheit. Seine Lösung war kreativ: Er reduzierte den Goldgehalt der Aurei, um mehr Münzen herzustellen. Dieser Trick wurde im Laufe der Zeit wiederholt, sodass der Goldgehalt des Aureus im Laufe der Jahrhunderte dramatisch sank. Der Aureus hatte schlussendlich im Jahr 268 n. Chr. nur noch 1,1 Gramm Gold. Durch diesen „Trick“ konnten die Kaiser 7,5 mal soviel Geld aus der gleichen Menge Gold herstellen.

Die Römer nannten diesen Prozess „Inflatio“, was auf Latein „Aufblähen“ bedeutet, nicht Preiserhöhung, wie wir oft denken. Die Preiserhöhung ist nämlich nur die logische Folge davon.

Die römischen Händler wurden schnell auf das Problem aufmerksam: Es gab schwere Aurei, die als gut angesehen wurden, und leichte Aurei, die als minderwertig galten. Anstatt die Münzen zu zählen, begannen die Händler, sie nun zu wiegen. Sie stellten fest, dass sie mehr dieser minderwertigen Münzen auf die Waagschale legen mussten, um die gleiche Menge an Waren zu erhalten wie zuvor. Dies war der Beginn der ersten dokumentierten Inflation.

Eine Aureus Münze
 

3. Kaiser Konstantin und die Geburt des zuverlässigen Solidus

Doch die Römer waren kluge Beobachter und zogen wichtige Schlüsse aus dieser Erfahrung. Es gab einen Kaiser, der sich der Bedeutung des Vertrauens in die Währung bewusst war: Kaiser Konstantin der Große, im Jahr 309 n. Chr. In seiner Weisheit ließ er eine ganz besondere Münze prägen, den Solidus, auch bekannt als „der Feste“ oder „der Zuverlässige“.  Was machte den Solidus so einzigartig? Er bestand aus 4,51 Gramm Gold, was ihn in etwa zwischen den alten und den minderwertigen Aurei platzierte. Doch der bedeutendste Unterschied bestand darin, dass die Menge an Gold im Solidus gesetzlich vorgeschrieben war. Jeder, der einen minderwertigen oder zu leichten Solidus herstellte, musste mit schweren Strafen rechnen.

Diese gesetzlichen Bestimmungen sorgten dafür, dass die Menge an im Umlauf befindlichen Solidi begrenzt war. Man konnte nicht einfach beliebig viele Solidi herstellen, was eine hohe Preisstabilität gewährleistete. Infolgedessen wurden alle anderen Währungen in Europa anhand der Menge an Solidi gemessen. Der Solidus wurde zu so etwas wie dem ersten „Euro“ seiner Zeit und etablierte sich als Benchmark für den Geldwert.

Der Solidus, der bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts in Umlauf war, hinterließ nicht nur Spuren in der Wirtschaft des Römischen Reiches, sondern prägte auch die Sprache und die Geldgeschichte bis in unsere moderne Zeit. Seine Wirkung war so tiefgreifend, dass selbst die Begriffe „Sold“ und „Soldat“ auf ihn zurückzuführen sind. Dies verdanken wir den Legionären, die damals mit Solidi entlohnt wurden.

Darüber hinaus reicht der Einfluss des Solidus bis zu den Währungen Schilling und Pfund Sterling, die einst durch Gold gedeckt waren.

 

4. Der Übergang zum Papiergeld

Die Entwicklung des Geldsystems setzte sich fort, und schließlich erfolgte der Übergang vom physischen Goldgeld zum Papiergeld. Dieser Wandel erstreckte sich über das 16. bis 18. Jahrhundert und markierte einen entscheidenden Schritt in der Geschichte des Finanzwesens. In dieser Zeit begann das Bankwesen, Wechselscheine auszugeben, um Vermögenswerte ohne physisches Gold zu übertragen. Gleichzeitig gründeten Regierungen die ersten Notenbanken, die hauptsächlich die Finanzierung staatlicher Ausgaben im Blick hatten.

Um das Vertrauen der Bürger in die von ihnen ausgegebenen Schuldscheine zu stärken, wurde beschlossen, diese mit physischem Gold bei der Zentralbank zu hinterlegen.

Leider war es jedoch oft der Fall, dass der Staat nicht über ausreichend Goldreserven verfügte, um alle im Umlauf befindlichen Schuldscheine zu decken. In solchen Situationen mussten Bürger gelegentlich mit ihrem privaten Gold aushelfen. Dies wirft auch ein interessantes Licht auf das Thema Goldverbote.

 

5. Wann gab es Goldverbote?

In Deutschland beispielsweise gab es nach dem Ersten Weltkrieg von 1923 bis 1926, während der Weimarer Republik ein Goldverbot. Ebenso wurde während des Zweiten Weltkriegs von 1936 bis 1945 unter den Nazis und später von 1945 bis 1955 unter den Alliierten ein Goldverbot verhängt. In diesen Zeiten wurden Goldschätze konfisziert, insbesondere wenn sie als Kriegsbeute angesehen wurden.

Ein bemerkenswertes Beispiel für ein langanhaltendes Goldverbot ist das in den USA von 1933 bis 1974. Während dieser Zeit wurden Bürger gezwungen, ihre Goldbestände zu einem festgelegten Umtauschkurs von 20,67 US-Dollar pro Unze abzugeben. Zum Vergleich: Am 27. Oktober 2023 liegt der Goldpreis bei 1.982,56 US-Dollar pro Unze.

Der Originalgesetzestext vom 1. Mai 1933 sah vor, dass alle Goldmünzen, Goldbarren und Goldzertifikate an die Federal Reserve (FED) abgegeben werden mussten. Zuwiderhandlungen wurden mit Strafen von 10.000 US-Dollar oder 10 Jahren Gefängnis belegt (inflationsbereinigt entspricht dies etwa 500.000 Euro). 

Goldverbote wurden aber auch in anderen Ländern verhängt. Großbritannien erlebte ein Goldverbot von 1966 bis 1971, in Frankreich galt es von 1936 bis 1937, in Indien von 1963 bis 1990 und in Australien von 1957 bis 1976.

 

6. Die Schweiz als sicherer Lagerort?

Es gibt jedoch ein Land, das niemals ein Goldverbot erlassen hat und daher besonders beliebt bei Personen ist, die ihr Gold außerhalb der Europäischen Union aufbewahren möchten: die Schweiz. Dies ist auf die direkte Demokratie in der Schweiz zurückzuführen, bei der die Einführung eines Goldverbots eine Volksabstimmung erfordern würde, bei der mindestens 51 % der Bürger zustimmen müssten. Die schweizerische Verfassung, Artikel 641, garantiert das Eigentumsrecht und unterscheidet sich damit erheblich von Artikel 14 des deutschen Grundgesetzes, in dem das Eigentum als verpflichtend betrachtet wird und im Interesse der Allgemeinheit genutzt werden kann.

 

7. Der Goldstandart der USA

Der Goldstandard, bei dem der US-Dollar an einen festen Goldwert gebunden war, verlieh dem Dollar den Status der Weltleitwährung. Dies geschah, weil der Dollar buchstäblich „Gold wert“ war. Alles schien gut zu laufen, bis erneut eine Regierung an der Macht war, die mit Geldknappheit zu kämpfen hatte. Diesmal war es Richard Nixon, der 37. Präsident der Vereinigten Staaten.

Der Auslöser für die finanzielle Unsicherheit jener Zeit war der Vietnamkrieg sowie der Koreakrieg.  Das Problem bestand darin, dass die Geldmenge, die für Kriegsanleihen ausgegeben wurde, höher war als das tatsächlich vorhandene Gold in den Tresoren der Notenbank.

Infolgedessen begannen auch andere Länder, die große Mengen an Gold oder Dollar horteten, damit, ihre Dollar gegen Gold einzutauschen. Ein Höhepunkt dieser Rückgabewelle war, als Frankreich im Jahr 1966 mit einem Atom-U-Boot in New York einfuhr und einen erheblichen Teil seiner Goldreserven abholte. Die Situation wurde unhaltbar, und schließlich musste Nixon handeln. Am 15. August 1971, wie er es formulierte, „schloss er das Goldfenster“. Das bedeutete, dass die USA nicht mehr an die Bindung von Gold an den Dollar gebunden waren.

Dieser Schritt markierte den Moment, in dem der US-Dollar seine Golddeckung verlor. Man nahm sogar eine minimale Anpassung am Dollarschein vor, indem man das „Goldzertifikat“ entfernte und stattdessen „In God we trust“ darauf schrieb.

 

USA, 100 Dollars 1928, Gold Certificate

 

Die Bürger waren verunsichert, da sie nicht mehr sicher waren, ob ihr Dollar heute genauso viel wert sein würde wie morgen. Nixon versuchte, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu wahren, indem er erklärte, dass der Dollar auch weiterhin seinen Wert behalten würde. Sein Finanzminister John Connally war jedoch wesentlich ehrlicher und erklärte der Presse:

„Der US-Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.“

Im Nachgang zur Aufhebung des Goldstandards im Jahr 1971 verlor der US-Dollar beträchtlich an Wert. In den folgenden zehn Jahren, bis 1981, verlor er gegenüber dem Goldpreis etwa 90 Prozent seiner Kaufkraft. Dies stellte nahezu eine vollständige Entwertung dar. (Warum der Goldpreis zwischen 1981 und den 2000er Jahren anders verlief, wird in einem separaten Blogbeitrag erläutert, der sich mit dem Thema Negativzinsen befasst.)

 

8. Die Herausforderungen unseres heutigen Papiergeldes

Die gegenwärtige Situation im Bereich der Währungen stellt sich vollkommen anders dar als zu Zeiten des Solidus und der Goldwährungen. Heutzutage ist keine Währung mehr durch Gold oder andere Edelmetalle gedeckt. Ein Blick auf die Website der deutschen Bundesbank zeigt deutlich, dass Vertrauen die Grundlage des heutigen Papiergeldes bildet. Der Glaube an die Werthaltigkeit und Stabilität der Währung ist entscheidend.

In den letzten Jahrzehnten, insbesondere seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts, haben wir uns von der Golddeckung der Währungen verabschiedet. Die Geldpolitik wird nun in erster Linie von den Zentralbanken gestaltet. Ihre Hauptaufgabe ist es, die Geldmenge und die Anzahl der Münzen in Umlauf so zu steuern, dass sie im Verhältnis zum wirtschaftlichen Wachstum steht. Dieses Gleichgewicht zu halten, ist entscheidend, um Preisstabilität zu gewährleisten.

Doch die Frage, ob die Zentralbanken in den letzten Jahren erfolgreich waren, wirft eine spannende Debatte auf. Ein Vergleich verdeutlicht, dass die Bilanzsumme der Notenbanken in den letzten Jahren erheblich gewachsen ist. Insbesondere in der Europäischen Union hat sich die Geldmenge deutlich erhöht. Im Zeitraum von 2008 bis 2018 stieg die Bilanzsumme um 217 %. Dieses von den Notenbanken geschaffene Geld, auch als Notenbankgeld bezeichnet, ist jedoch nicht das einzige, denn es gibt auch Giralgeld, das eine noch größere Rolle spielt.

Die Auswirkungen dieser Geldpolitik sind offensichtlich. Der Euro hat seit seiner Einführung im Jahr 2000 mittlerweile rund 76 % seiner Kaufkraft verloren. Dies bedeutet, dass die Währung in Bezug auf den Erwerb von Gütern und Dienstleistungen erheblich an Wert verloren hat.

In der Praxis zeigt dies, dass Gold eine Währung für sich ist und als solche betrachtet werden sollte. Wenn der Goldpreis in einer Währung steigt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass Gold an sich wertvoller wird. Stattdessen zeigt es, dass die betreffende Währung relativ zum Gold an Kaufkraft verliert. Diese Erkenntnis ist die Hauptbotschaft dieses Artikels:

 

Gold ist Geld, während Währungen im Wesentlichen auf Vertrauen und Kredit basieren.

 

 

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